Advocatus Diaboli

Der lateinische Ausdruck Advocatus Diaboli, deutsch Anwalt des Teufels, steht für die rhetorische Strategie eines Anwalts, beziehungsweise allgemeiner die eines Redners, der bei einem rhetorischen Streit ganz bewusst die Position eines Gegners einnimmt.

Advocatus Diaboli bedeutet im ursprünglichen engeren Sinne einen Kirchenanwalt, dessen Aufgabe es ist, in einem Heiligsprechungsprozess die zusammengetragenen Belege und Argumente für die Heiligsprechung anzufechten oder eigene, mit negativen Gesichtspunkten behaftete Gegenargumente einzubringen.[1] Den Gegenpart als Fürsprecher übernahm traditionell ein Advocatus Dei („Anwalt Gottes“).

In einem allgemeineren rhetorischen Sinne kann die Strategie nach bestem Wissen und Gewissen, also mit der ernsthaften Absicht verfolgt werden, einen Gegenanwalt (Streitgegner) nachzuvollziehen. In letzter Konsequenz schließt das ergebnisoffen die Möglichkeit einer Kapitulation ein. Dementgegen kann sie aber auch aus einer voreingenommenen Position a priori dazu dienen, die Gegenseite letztlich zu widerlegen, also eine Kapitulation kategorisch auszuschließen.

Ersteres, das ernsthafte Nachvollziehen der gegnerischen Argumente, ist eine Methode zu ernsthafter Wahrheitsfindung. Ein Beispiel wäre ein überzeugter Marxist, der sich mit voller Ernsthaftigkeit und Gewissenhaftigkeit fragt, was beispielsweise Margaret Thatcher als „das Gute“ definieren würde, das sie mit ihrer Politik letztlich verfolgt, vor dem Hintergrund, dass jeder, egal was er tut, letztlich irgendetwas „Gutes“ damit anstrebt. Dabei schließt er nicht aus, eventuell sogar zu einer Pro-Thatcher-Überzeugung zu gelangen. Letzteres, also das Aufzählen der Gegenargumente aus rein rhetorischen Gründen, geschieht von vornherein nur polemisch-scheinbar, entgegen einer gefassten Überzeugung; es wird ein Gedankengang referiert, der trotz der Advocatus-Diaboli-Position bereits bei einer Gegenüberzeugung angelangt ist.

Häufig findet man auch die falsche Bezeichnung advocatus diabolus oder advocatus diabolicus. Diabolus ist falsch dekliniert (Nominativ statt des Genitivs), wohingegen diabolicus „der Teuflische“ bedeutet.

  1. Elmar Güthoff: Kirchenanwalt. In: Walter Kasper (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche. 3. Auflage. Band 5. Herder, Freiburg im Breisgau 1996, Sp. 1509.

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